Exkursionen im IK - wieder eine Hürde mehr

Christiane Carstensen • Aug. 19, 2021

Infos rund um DaZ für Sprachkursträger und Lehrkräfte in Integrationskursen und Berufssprachkursen

Ein Gedankenspiel: Sie sind Lehrkraft in einem Integrationskurs und behandeln das Thema "Mobilität". Sie möchten Ihren Teilnehmenden das Thema möglichst teilnehmerorientiert und mit Praxisbezug (Konzept für einen bundesweiten Integrationskurs, Seite 15) anbieten. Mal eben mit dem Kurs zur nahegelegenen U-Bahnstation gehen, sich mit den Teilnehmenden den Fahrkartenautomaten ansehen, ein vorher festgelegetes Ticket ansteuern, danach vielleicht mit verschiedenen Optionen ausprobieren, ob das Prinzip verstanden wurde, den erlernten Wortschatz anwenden .... - träumen Sie weiter. Sie müssen auch so einen kurzen Gang von vielleicht 45 min als Exkursion anmelden. Drei Tage im voraus ! Also gut, sie planen die Exkursion am Montag für den Donnerstag und gehen zur Fachbereichsleitung, die die Exkursion für den Kurs beim BAMF anmelden muss. Nun sind Sprachkurse höchst dynamisch -  es gibt gute und schlechte Tage. Ihre Teilnehmer tun sich schwer mit dem Thema und sie benötigen für die Lektion länger als geplant. Am Mittwoch merken Sie, dass sie das Thema noch nicht ausreichend bearbeitet haben und noch etwas Zeit für den Wortschatz benötigen, den Ihre Teilnehmenden für die Exkursion brauchen. Blöd nur, dass Ihr Zeitfenster sich damit wieder geschlossen hat. Sie hätten die Exkursion am Donnerstag machen können, aber nicht mehr am Freitag.

Aber nehmen wir an, Ihre Zeitplanung passt oder Ihr Reko vor Ort kommt Ihnen entgegen und Sie gehen auf Exkursion. Ihre Teilnehmenden haben anschließend viel gelernt und fühlen sich nun sicher im Umgang mit dem Fahrkartenautomaten. Sie haben außerdem gelernt, Fragen zu stellen, wenn sie z.B. ein Ziel nicht finden oder Fragen zum Tarif haben.

Leider gibt es nun ein neues Formular, das heute im Trägerrundschreiben 18/21 für die Integrationskurse vorgestellt wurde und das die Anmeldung der Exkursion nicht ergänzt oder - Gott bewahre -flexibler macht, sondern zusätzlich einzureichen ist. Jetzt müssen Sie die Exkursion im Nachgang dokumentieren und zusätzlich zur bereits getätigten Anmeldung folgende Fragen beantworten:
  • Kursträger
  • Trägernummer
  • Kursnummer
  • Kursabschnitt
  • Verantwortliche Lehrkraft
  • Exkursionsdatum
  • Exkursionsort
  • Exkursionszeit in UE
  • Anzahl der Teilnehmenden
Das ist zwar redundant, aber Sie sind nicht so und füllen alle Fragen willig aus. Auch bei den weiteren Fragen machen Sie sich die Mühe und begründen/ dokumentieren Ihre 45 min - Lektion  "Sicherer Umgang mit dem Fahrkartenautomaten".
  • Lektion des Lehrwerks
  • Bezug zum Unterricht
  • Art der Vor- und Nachbereitung
  • Sprachlernziele der Exkursion
  • Ggf beteiligte Experten (Expertinnen gibt es leider nicht auf dem Formular)
  • Sonstiges , wie z.B. ggf. besondere Vorfälle
Mit dem ausgefüllten Formular gehen Sie nun zu der Fachbereichsleitung/ Verwaltung o.ä. Ihres Trägers, die die Dokumentation für die nächste Kursprüfung des BAMF aufbewahrt. Der Gedanke an die nächste Kursprüfung macht Ihre Fachbereichsleitung aber nervös, denn sie hat durch Erfahrung gelernt, dass Kursprüfungen im Ermessen des jeweiligen Regionalkoordinator*in ( Reko) des BAMF liegen und dass sich die Prüfkriterien und -vorgaben oft erst während der Prüfung ergeben. Es könnte also durchaus sein, dass der oder die Reko - meistens Jurist*innen - den pädagogischen oder sprachförderlichen Ansatz Ihrer Lektion "Sicherer Umgang mit einem Fahrkartenautomaten" ganz anders bewerten oder ihm/ ihr die Art der Vor- und Nachbereitung nicht sinnvoll erscheint. Gut, das sind Jurist*innen, Sie sind studierte DaZ-Lehrkraft. "Was soll passieren?", denken Sie. Wie auch immer - Ihre Fachbereichsleitung ist schon länger als Sie in dem Geschäft und macht sich durchaus begründete Sorgen, dass der/ die Reko einen Teil der Exkursionen möglicherweise als nicht abrechenfähige UEs einstuft könnte. Es sind in der letzten Zeit bereits UEs nicht abgerechnet worden, weil die Unterschriften der Teilnehmenden auf den Anwesenheitslisten vom BAMF als nicht ähnlich genug oder als zu ähnlich eingestuft wurden. Allein der Gedanke an weitere mögliche Kürzungen - unabhängig von der positiven Bewertung Ihres Unterrichts - wird bei der Fachbereichsleitung ggfs. dazu führen, dass sie Sie bittet, die Lektion das nächste Mal mit dem Foto im Lehrwerk durchzuführen. Sie können das Bild ja am Kopierer vergrößern.

Exkursionen sind sinnvoll und sollten gefördert und nicht verhindert werden.

Natürlich kann es sein, dass ein Träger sich mit Exkursionen herausredet, wenn er unangemeldete Kurskontrollen umgehen möchte und sicher gibt es auch die ein oder andere Lehrkraft, die sich nicht gut vorbereitet hat und mit einem Gang zur Eisdiele aus der Affäre zieht. Das ist bedauerlich und nicht das Ziel. Wir sind uns bewusst und bereit, dass wir die Verwendung öffentlicher Mittel verantworten und belegen müssen, aber wenn Bürokratie und Generalverdacht jeden einzelnen Bildungsakt bis ins Detail überziehen, kostet es am Ende mehr als man gewinnt.

Als BVIB engagieren wir uns für u.a. Bürokratieabbau. Wir glauben, dass
  • man den Verwendungsnachweis öffentlicher Mittel besser und effizienter gestalten kann
  • ein stetiger und genereller Betrugsvorbehalt keine gute Basis für eine Zusammenarbeit ist
  • die Regionalkoordinator*innen vor Ort einen Gestaltungsspielraum haben, dem Träger ohne entsprechende Instrumente wie ein verbindlicher und vor Ort nicht beliebig erweiterbarer Prüfkatalog oder ein unabhängiges Widerspruchsverfahren ausgeliefert sind
  • Bildungsprozesse einer dem Fachbereich adäquaten Steuerung bedürfen
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