Ganz so strange sind „Die seltsamsten Sprachen der Welt“ von Linguist Harald Haarmann gar nicht. Nicht nur, weil unsere Kursteilnehmenden kaum Klicklautphonetik aus der Herkunftssprache mitbringen. Obwohl der Geräuschpegel
oft nicht unbeträchtlich ist, ist Sichfremdfühlen im Unterricht nicht die dominante Emotion.
Haarmann beschreibt knapp 50 Sprachen anhand von Beispielen zu Phonetik, Numerik, Lexik, Interaktivem, Soziolinguistischem, Kulturhistorischem, Schriftzeichen oder Kunstsprachen. Star Trek Fans kommen auf ihre Kosten, wenn sie sozusagen
den Schnellkurs „Klingonisch für Anfänger“ belegen können. Als futuristische Plansprache ist da sprachdidaktisches Potenzial zur Gestaltung von Rollenspielen beim nächsten Sommerfest im Kurs vorhanden!
Das unterhaltsame Buch bestückt kein abgehobenes Kuriositätenkabinett, da viele Zusammenhänge zum normalen Unterrichtsalltag herstellbar sind.Um ein Beispiel aus der Nähe zu nennen: die Satzklammer, also die Trennung von finitem Verb und Verbzusatz, oft Partizip, in der Wortreihenfolge dergestalt, dass außer dem Subjekt alle Satzglieder umklammert werden, sorgt im Integrations- wie
Berufssprachkurs oft für Ärger. Warum muss so eine wichtige semantische Information wie das Perfektpartizip Schlusslicht sein? Satzmuster in der Form „Ich habe gesehen rotes Fahrrad.“ sind auch noch auf B2 Level üblich. Haarmann erklärthistorisch, warum der Sprachfluss im Deutschen so hinderlich organisiert ist: mit dem Frühneuhochdeutschen, was durch Luthers Bibelübersetzung auf den Weg gekommen ist, wurde eine sächsische Spielart der Gegend um Meißen integriert, die damals ein positives Stilimage hatte: die Satzklammer. Und sie hat sich dann gesamtsprachlich im Deutschen durchgesetzt.
Auch spannend ist, dass Maltesisch, eine der 24 Amtssprachen der EU, eine arabische Hybridvariante in lateinischer Schrift, aktuell noch rund 30 % Wortschatzanteil aus dem Arabischen aufweist. So heißt beispielsweise „Marsa“ Hafen, was sich in Ortsnamen der Insel fortsetzt. Sowas fördert die Identifikation mit Europa seitens der Lernenden mit arabischen Herkunftssprachen.
Das Buch lädt ein zu sprachorientierten Entdeckungsreisen und sein Flow ist nicht zu ungewöhnlich, um in den Unterrichtsalltag von uns DaFZ Lehrkräften eingebunden zu werden.
Dr. Michaela de Groot
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