Wir hatten unsere Mitglieder zum ersten Durchführungstermin des DTB am 01. und 02.07.22 darum gebeten, aus ihren verschiedenen Rollen als Lehrkräfte, Prüfende, Aufsichten, Prüfungsverantwortliche und Geschäftsführungen Rückmeldungen zu ihren Erfahrungen zu geben.
Kommunikation, Kohärenz und
Lehrkräfte- und Prüfermangel
Generell ist die Kommunikation zur Einführung des DTB und den Rahmenbedingungen von den Kolleginnen und Kollegen als schwierig bewertet worden, gerade auch hinsichtlich der asynchronen Einführung der Lehrwerke/ DTB als auch der erst gemeldeten, dann zurück genommenen und dann doch ab 01.01.23 geforderten BSK-Zulassung als Lehrkraft als Voraussetzung für eine Prüfertätigkeit. Die zum Teil sehr kurzfristige Kommunikation wurde als wenig wertschätzend wahrgenommen und Lehrkräfte fühlten sich nicht mitgenommen. Die Informationen kamen teilweise sehr spät und widersprüchlich, was Kollegen verunsicherte. Wir benötigen dringend bessere Informationsstrukturen, die das Wissen gezielter für die jeweiligen Zielgruppen bereitstellen. Die Kollegen hätten sich zudem mehr Kohärenz gewünscht. Folgender Kommentar eine Kollegin zur Notwendigkeit einer Zulassung als BSK-Lehrkraft für ihre Tätigkeit als Prüfende bringt zum Ausdruck, wie das auf viele Lehrkräfte wirkt: „Ich bin richtig genervt von dem ewigen Hin und Her, der eine sagt das, der andere das. Ich bilde mich gerne fort, Fortbildungen können durchaus Spaß machen in einem gut durchdachten Konzept und in einem überschaubaren zumutbaren Maße. Aber ich mag es nicht, wenn man mal wieder das Gefühl bekommt, Null Mitspracherecht zu haben und dass in Nacht und Nebel Aktionen Bedingungen mal wieder verändert werden.“
Information und Vertrauen in die Zukunft sind wichtige Kriterien und Signale in Zeiten von Lehrkräftemangel. Lehrkräfte, die eine ZQ BSK ab Oktober geplant hatten und extra dafür 300 UEs unterrichtet hatten, müssen nun ganz andere Bescheinigungen vorlegen und fallen von einem Tag auf den anderen aus der ZQ BSK raus. Sie berichten, dass sie keine Träger finden, die ihnen in der Anlage 3 des Trägerrundschreibens 11/22 bescheinigen, dass sie planen, sie zukünftig in einem BSK einzusetzen. Das Misstrauen vieler Träger in die Abrechnungssicherheit ist mittlerweile zu groß geworden. Man hat kein Vertrauen in die Steuerung der Kurse, fürchtet rückwirkende Bumerang-Regelungen und viele stellen daher diese Bescheinigung aus Vorsicht nicht aus.
Wir brauchen vom Bund eine bessere Unterstützung der Lehrkräfte, die immer öfter unter unklaren Bedingungen immer kurzfristiger immer mehr Änderungen umsetzen müssen. Sie bräuchten gezielt aufbereitete und gesicherte Informationen, bedarfsgerechte Unterstützung und vor allem eine verlässliche Perspektive darauf, dass ihre Qualifizierungen gelten und nicht über Nacht von anderen über ihren Kopf hinweg verhandelt werden. Das Frustrationslevel ist extrem hoch; viel zu hoch in Zeiten von Lehrkräftemangel.
Nicht neu dürfte sein, dass die Prüfungsstellen über einen Mangel an Prüferinnen und Prüfern klagen. Das liegt zum einen an den bundesweit synchronen Terminen für den DTB, zum anderen am Zulassungsverfahren. Auch wenn die Prüfenden erst ab dem 01.01.23 eine Zulassung nach § 18 Abs. 5 DeuFöV vorweisen müssen, wirkt es bereits jetzt bremsend und Kolleg*innen überlegen sehr genau, ob sie sich eine berufliche Tätigkeit im DTB vorstellen können und wollen. Ein Teil der bisher regelmäßig Prüfenden – die häufig über eine sehr hohe Prüfungsexpertise und -erfahrung verfügen - unterrichtet nicht in den Berufssprachkursen und plant dies auch für die Zukunft nicht. Die Kollegen sind in anderen BAMF unabhängigen Sprachkursen tätig oder in den BSKs als Fachbereichsleitungen gut beschäftigt und entscheiden sich aus zeitlichen und finanziellen Gründen – aber auch aus Prinzip – dagegen, nur für ihre Prüfungslizenz die gesamte ZQ BSK zu absolvieren. Wir möchten anregen, dass es eine Art abgespeckter Form der ZQ BSK, zugeschnitten für Prüfende, geben könnte (unter dem Vorbehalt, dass wir das aktuelle Fortbildungssystem der ZQ BSK grundsätzlich für problematisch halten).
Viele Prüfende ziehen sich zurück, da in einigen Regionen aufgrund der nicht kostendeckenden DTB-Finanzierung die Prüferhonorare sinken und es keinen nennenswerten Unterschied mehr zum Mindesthonorar für den Unterricht gibt. Kollegen entscheiden sich dann lieber für die sichere Variante, freitags regulär zu unterrichten oder auch dagegen, längere Anfahrtswege in Kauf zu nehmen und stehen somit nicht mehr als Prüfer zur Verfügung. Hier beobachten wir aber augrund unterschiedlicher regionaler Angebots- und Nachfragesituationen nicht überall die gleiche Entwicklung.
Zudem berichten Kollegen, dass die Fluktuation der Lehrkräfte durch den aktuellen Lehrkräftemangel und die aktuellen Covid-Zahlen in den Kursen höher ist und viele Kolleg*innen als Vertretungen einspringen müssen. Der Druck, möglichst keinen Unterricht ausfallen zu lassen, ist durch die DeuFöV-Verordnung deutlich größer als in den Integrationskursen. Das führt dann durch die zusätzlichen Vertretungen dazu, dass ein Teil der ohnehin fehlenden Prüfer durch den Einsatz im Kurs für die Prüfung als externe Prüfer „verbrannt“ ist oder auch durch die Vertretung beim Träger nicht mehr als extern gelten kann.
Aus dem Verein können wir zudem die Beobachtung mitgeben, dass gerade mehr Lehrkräfte denn je das Berufsfeld verlassen und in andere Beschäftigungsfelder wechseln. Wir haben zahlreiche Abmeldungen von Kolleg*innen, die im neuen Schuljahr an den allgemeinbildenden Schulen und Berufsschulen starten.
Eine weitere Rückmeldung war, dass man als Lehrkraft sehr gut mit der Prüfung vertraut sein muss – nicht nur inhaltlich, sondern auch mit der Durchführung – um seine Lernenden so gut wie möglich vorzubereiten und zu unterstützen, wie z.B. beim als problematisch empfundenen Übergang von "Hören" zu "Hören und Schreiben" im DTB B2 und DTB C1. Das ist zwar eine Binsenweisheit und eine Selbstverständlichkeit, aber auch hier würden pädagogisch getragene Meta-Strukturen Lehrkräfte in ihrer Tätigkeit unterstützen. Insgesamt waren es sehr viele Neuerungen in kurzer Zeit, die jetzt erst mal überall ankommen müssen. Wir hoffen, dass der Bund irgendwann Strukturen wie Kompetenzstellen o.ä. einzieht, die Lehrkräfte in der Informationssicherung und bei neuen Anforderungen entlasten.
Ausweitung der Betriebszeiten, keine Kostendeckung, zu wenig PlanungsflexibilitätFür viele Prüfungszentren ist es ein organisatorischer und finanzieller Nachteil, dass die DTZ- und DTB-Termine 14-tägig im Wechsel festgelegt sind. Das führt zu einer unwirtschaftlichen und ggfs. schwer zu organisierenden Ausweitung der Betriebszeiten und Betriebsräume (für den Winter insbesondere unter der Diskussion der Energiekrise) sowie zu einer Verdichtung der Arbeitszeit am Wochenende für Prüfungsverantwortliche. Diese Ausweitung der Betriebszeiten, der erhöhten Energie- und Raumkosten sowie der Personalressourcen wird von der Refinanzierung des DTB nicht annähernd abgedeckt. Die Erstattungssätze werden von den Trägern insgesamt als nicht kostendeckend bewertet: Ausweitung der Betriebszeiten, Energiekosten, Kosten und Gebühren für den Test, zwei Aufsichten, zwei Prüfer, ggfs. Ausfallkosten wegen freitäglicher Kursabsagen (für Räume und Prüfer), hoher Administrationsaufwand etc.. Als sehr hinderlich in einer flexiblen Umsetzung wird auch die Festlegung der Durchführungstage für DTB A2, B1 und C1 empfunden (auch hinsichtlich der Prüfer-Akquise).
Sorgen macht auch die Regelung, dass der Versand der Prüfungsunterlagen nur noch von jeweils einer benannten Person bzw. einem Stellvertreter angenommen werden darf. Diese intensive und schwer zu planende personelle Abstellung ist für viele Träger nicht machbar und es ist auch Kolleg*innen in Teilzeit nicht zuzumuten, auf Abruf bereit zu stehen. Auch hier ist faktisch wieder eine personelle Ausweitung gefordert, die in der aktuellen Finanzierung nicht abgebildet wird.
Nachtrag: Schwierig ist für die Träger auch, dass sie für die Prüfung finanziell in Vorlauf gehen müssen und die Prüfungen erst abrechnen können, wenn die Zertifikatsergebnisse vorliegen und dem BAMF übermittelt wurden. Die Vorlaufzeiten sind doch recht beträchtlich.
Bürokratieabbau und Wissensmanagement Wir benötigen dringend einen Bürokratieabbau und eine Reform des Wissens- und Informationsmanagements. Dadurch, dass Informationen oft nicht einfach zu finden und breit gestreut sind, man aber nahezu bei jedem kleinsten Prozess keine Fehler machen darf, um die Abrechnungen nicht zu gefährden, bündelt sich zu viel an Verantwortung an die Personen der Fachbereichsleitungen und der Prüfungsverantwortlichen. Wir erleben gerade jetzt unter dem Eindruck von Covid 19, dass Kolleg*innen selbst unter schwerer Krankheit 24/7 erreichbar sein müssen, da sie die Einzigen sind, die über das Historienwissen, das in dieser Art durch die Praixs der Trägerrundschreiben produiziert wird, verfügen. Das sind keine guten Strukturen.
Die Teilnehmenden sind sehr unterschiedlich mit dem DTB zurecht gekommen. Noch haben wir keine Ergebnisse. Liebe BVIB-Mitglieder, wir haben Euch zu den Durchführungserfahrungen eine Übersicht der Rückmeldungen aus der Praxis im
Mitgliederforum
unter #prüfungen eingestellt. Ihr findet die Datei dort unter dem Datum 18.07.22