Anerkennungsverfahren Lehrkraft in Berufssprachkursen

Christiane Carstensen • 18. Februar 2021

Aktuelle Infos rund um DaZ für Sprachkursträger und Lehrkräfte in Integrationskursen und Berufssprachkursen

Wir möchten Euch hier zunächste einen Überblick über das Verfahren, aber am Ende des Artikels auch eine
kritische Einordnung der ZQ BSK aus Sicht der Praxis geben


In Gesprächen und aus Mails hören wir oft, dass nicht alle von Euch sich sicher im Verfahren um die Anerkennung als Lehrkraft in Berufssprachkursen fühlen. Auch wenn wir die Rahmenbedingungen des Verfahrens kritisch sehen, möchten wir Euch hier grundsätzlich erst einmal - ohne Gewähr - informieren. Unsere Übersicht entbindet Euch nicht von der Sorgfaltspflicht, Euch eigenständig zu informieren. Rechtssichere Informationen bietet Euch die Info-Seite des BAMF. Hier findet Ihr nicht nur die Anträge, Konzepte etc, sondern auch eine Übersicht mit FAQs, in der Ihr viele Fragen bereits beantwortet findet. Wer es gerne visuell hat, findet mit der Matrix eine Übersicht.

Gemäß § 18 Abs. 5 DeuFöV müssen Lehrkräfte, um in den Berufssprachkursen ( auch Spezialkurse wie Einzelhandel etc.) unterrichten zu dürfen, ab dem 01.01.2022 eine Qualifikation zur Vermittlung berufsbezogener Deutschsprachkenntnisse vorweisen. Wer über bestimmte Hochschulabschlüsse oder Fortbildungen verfügt, kann beim BAMF einen Direktantrag auf Zulassung stellen und muss nach positivem Bescheid die addtive Zusatzqualifizierung Berufssprachkurse nicht absolvieren. Die Liste der anerkannten Hochschulabschlüsse und Fortbildungen für die Direktzulassung als Lehrkraft in Berufssprachkursen findet Ihr hier.

Wer diesen Direktantrag nicht stellen kann, muss die additive Zusatzqualifizierung Berufssprachkurse absolvieren. Anders als z.B. bei der ZQ Alpha gibt es hier keine Verkürzungen, d.h. man muss die ZQ mit allen Anteilen absolvieren, mit 160 UE in Präsenz- und Selbstlernphasen. Dafür muss man einen Antrag beim BAMF stellen und sich direkt oder parallel dazu bei einem der zugelassenen ZQ-Anbieter für eine ZQ anmelden. Für die Anmeldung und Teilnahme an der ZQ benötigt man keinen gesonderten Bescheid des BAMF, aber  die Zulassung nach   § 15 Abs. 1 oder 2 IntV ( BAMF-Zulassung als Lehrkraft in Integrationskursen) sowie  Nachweise über 300 UE Unterrichtstätigkeit in Integrations- oder Berufssprachkursen seit dem 01.01.2018 im Original. Nach Absolvieren der ZQ BSK meldet die ZQ-Einrichtung das erfolgreiche Bestehen direkt an das BAMF.

Die ZQs sind kostenlos, allerdings erheben einige Anbieter Gebühren für Catering, Materialkosten o.ä.. Eine BAMF-Liste der Ambieter findet Ihr hier. Wir haben versucht, Euch eine Übersicht der bundesweit stattfindenden Durchgänge zu erstellen, erheben aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Unter der Pandemie wird ein Teil der Durchgänge online oder hybrid durchgeführt. Leider sind viele der Durchgänge bereits ausgebucht.

Neben der Zulassung als Lehrkraft entscheidet das BAMF nach Aktenlage über das Sprachniveau der Lehrkräfte und bestimmt damit auch, für welche Kurse die Zulassung ausgesprochen wird. Wem nach Aktenlage das Sprachniveau C1 bescheinigt wird, erhält eine Zulassung für das Unterrichten in Berufssprachkursen von A2 - B2. Wem das Sprachniveau C2 bescheinigt wird, darf in den Berufssprachkursen bis C1 unterrichten. Irritierend ist für viele deutschmuttersprachliche Kolleg*innen die Entscheidung nach Aktenlage, die es ihnen u.U. abfordert, eine C2-Sprachprüfung in ihrer Muttersprache abzulegen.

Das Arbeitspensum in der ZQ Berufssprachkurse wird von den Kolleg*innen als sehr zeitintensiv empfunden. Sinnvoll ist, sich bereits vor der ZQ mit dem Fragebogen zur Selbstreflexion der Lehrkompetenzen auseinanderzusetzen. Hier gibt es kein falsch und richtig, es handelt sich nur um einen Reflexionsbogen, den man ehrlich zu sich selbst erarbeiten sollte.

In der Konzeption könnt Ihr Euch auf die Inhalte und den "Fahrplan" der ZQ vorbereiten.

Als Nachweis eines erfolgreichen Abschlusses der ZQ  gilt neben der Anwesenheit ( Fehlzeit maximal 15 % der gesamten Maßnahme, Seite 14) die erfolgreiche Erstellung und Abgabe eines Portfolios. Der Leitfaden beinhaltet strukturelle und inhaltliche Vorgaben (Pflichtaufgaben), formale Kriterien und Informationen zur Bewertung des Portfolios. Die genauen Aufgaben sind jedoch dem Skript zu entnehmen, das die jeweilige Qualifizierungseinrichtung erstellt. Wer gerade eine ZQ Berufssprachkurse absolviert und an seinem Portfolio verzweifelt, findet Hilfe beim Didaktik-Blog für DaF und DaZ. Claudia Böschel hat ein hilfreiches Video-Tutorial mit Einführungen und hilfreichen Tipps zum BAMF Portfolio erstellt. Gerade wer länger keine Unterrichtsfeinplanung mehr angefertigt hat, kann sein Wissen dazu hier gut aktivieren. Das Tutorial umfasst mehrere Videos zu folgenden Unterthemen:
  • Lernziele
  • Lerninhalte
  • Unterrichtsphasen
  • Lehrer*innen und Lerner*innen-Aktivitäten
  • Sozialformen
  • Methodische Hinweise
Wer noch weitere Fragen hat, findet ein Kontaktformular auf den Seiten des BAMF. BVIB-Kolleg*innen bieten wir zudem die BVIB-Hotline sowie den Austausch im Forum oder auf unseren Stammtischen an.

Ein Teil der Kolleg*innen steht der ZQ aufgrund der Rahmenbedingungen kritisch gegenüber, dennoch sollte man versuchen, die Fortbildung als solche und den Austausch mit Kolleg*innen und Fortbildner*innen zu genießen.

Kritische Einordnung

Die Kritik gilt vor allem den Rahmenbedingungen. Das Fortbildungsangebot wäre 2016 im Vorfeld oder begleitend zur Einführung der Berufssprachkurse notwendig und sinnvoll gewesen. Zur Einführung der Berufssprachkurse 2016 fehlten Lehrwerke, Zusatzmaterialien, Austausch etc. und Kolleg*innen haben sich mit viel Arbeitseinsatz den Bereich eigenständig erschließen müssen, sich eigenständig um teure Fortbildungsangebote bemüht und sich mit umfangreicher Unterrichtserfahrung Expertise erworben. Fünf Jahre später eine verpflichtende Zusatzqualifizierung mit einem umfangreichen Fortbildungsvolumen von 160 UE machen zu müssen; damit sehen viele Kolleg*innen die bisher geleistete Arbeit und gesammelte Unterrichtserfahrung nicht anerkannt. Viele der Kolleg*innen haben zudem ihre Erfahrungen aus den berufsbezogenen ESF-BAMF-Kursen einfließen lassen, die als Vorerfahrung im Zulassungsverfahren nicht anerkannt wurden und empfinden das als wenig wertschätzend gegenüber der geleisteten Arbeit. Zudem fehlt auch die Wertschätzung eines DaFZ-Studiums, das sich ebenfalls im Anerkennungsportfolio nicht wiederfindet.
Ein weiterer Kritikpunkt ist der Zeitpunkt, der unter Pandemiebedingungen unpassender nicht hätte gewählt sein können. Zwar ist es bis zum 31.03. möglich, die ZQ online oder hybrid durchzuführen, allerdings sind die Beschäftigungschancen derzeit so volatil, dass Kolleg*innen schlecht planen können. Die kurze Frist und das hohe Fortbildungsvolumen belasten zusätzlich zu Homeschooling und schlechten Beschäftigungschancen. Besonders belastet fühlen sich Kolleg*innen, die alleinerziehend sind, Angehörige pflegen oder schwerbehindert sind. Sprachkursträger, die auf soziale Beschäftigungsverhältnisse von Lehrkräften setzen, beklagen die Freistellung, die sie insbesondere in der aktuellen Situation zusätzlich finanziell belastet. Wenn man seit 2016 warten konnte, wäre ein weiteres Jahr auch noch gegangen.

Generell begrüßen wir Fortbildungsangebote mit Praxisbezug und wissenschaftlichem Hintergrund. Aber wir plädieren dafür, dass sie in Zukunft nicht mehr top-down, im Tankerformat, Jahre zu spät und mit knappen Fristen gesetzt werden, sondern im Vorfeld oder wenigstens parallel zur Situation, in enger Anbindung an die Netzwerke und Gegebenheiten vor Ort, bedarfsorientiert, handlungsorientiert, teilnehmerorientiert - kurzum, nach den Konzepten, die auch für die Sprachkurse selbst angelegt werden. Das gilt besonders für Digitalkompetenz/ digitale Teilhabe, das als nächstes Thema mit hoher Dringlichkeit im Raum steht.


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